Die Artenvielfalt im Nord-Ostsee-Kanal nimmt weiter zu. Am 22. November fing Fischer Thomas Philipson eine 20 cm lange Rote Meerbarbe (Mullus barbatus).
Das Tier war in das Bundgarn im Schirnauer See geschwommen. Bei der Meerbarbe handelt es sich um die insgesamt 96igste Fischart, die im Nord-Ostsee-Kanal nachgewiesen wurde. Aufgrund seiner Lage und der direkten Verbindung zur Ostsee und zur Elbmündung kommen im Nord-Ostsee-Kanal neben den typischen Süßwasserfischen und viele Arten vor, die sonst überwiegend im Salzwasser anzutreffen sind. Hieraus ergibt sich die vergleichsweise sehr hohe Artenvielfalt.
Schirnauer See statt Mittelmeer
Die Rote Meerbarbe zählt zu den Salzwasserfischen. Sie bevorzugt wärmere Temperaturen und ist daher vor allem weiter südlich im Atlantik und im Mittelmeer verbreitet. In der Nordsee und im Skagerrak tritt sie bislang nur vereinzelt auf. Im Zuge des Klimawandels ist es allerdings gut möglich, dass die Art zukünftig auch bei uns häufiger vorkommt. Besonders groß werden Rote Meerbarben nicht. Die Geschlechtsreife setzt bereits ab einer Länge von 10 cm ein, als Maximalgröße werden für ausgewachsene Tiere ca. 30 cm angegeben. Davon unbenommen gilt die Meerbarbe als exzellenter Speisefisch. Mit nur einem Tier kommt man diesbezüglich allerdings nicht weit …
Blankaale – die zweite Sensation …
Die Meerbarbe war aber übrigens nicht der einzige interessante Fisch, der seinen Weg in das Bundgarn des Fischers gefunden hat. Erstmals seit vielen Jahren werden in diesem Herbst auch wieder nennenswerte Mengen an Blankaalen gefangen – dabei muss erwähnt werden, dass gar nicht gezielt auf die abwandernden Aale gefischt wird. Dieser aktuelle Nachweis ist eine gute Nachricht, weil es ein weiteres Indiz dafür ist, dass unsere langjährigen Besatzmaßnahmen endlich den gewünschten Erfolg bringen.
Früchte des Besatzes
Seit 2006 werden von der Hegegemeinschaft Gewässersystem Nord-Ostsee-Kanal jährlich bis zu 400.000 junge Aale ausgesetzt. Wichtigstes Ziel dieser von der EU und dem Land Schleswig-Holstein geförderten Maßnahme ist die Erhöhung der Blankaalabwanderungsrate auf ein Niveau von mindestens 40 % des Wertes, der sich ohne den menschlichen Einfluss auf das Gewässersystem ergäbe. Bei dieser etwas schwer zu handhabenden Zielsetzung handelt es sich um eine Vorgabe der EU-Aalverordnung. Über die Verordnung soll überregional sichergestellt werden, dass sich die Bestände trotz bestehender Nutzung langfristig wieder positiv entwickeln können.
Auf Wanderschaft
Eine Abwanderung aus dem NOK ist für die Fische recht einfach – nur die Schleuse in Brunsbüttel muss passiert werden -kein Problem für die Aale. Auslöser für die diesjährige Blankaalabwanderung waren vermutlich die im November stark gefallenen Temperaturen im Zusammenspiel mit den starken Niederschlägen. Unklar ist, ob die Aale aus dem Nord-Ostsee-Kanal nun in einem Rutsch bis in ihr Laichgebiet im Nordwestatlantik durchschwimmen oder ob sie bis zum Frühjahr noch eine Pause vor den Schleusen in Brunsbüttel einlegen. Letzteres ist eine Annahme des Fischereiwissenschaftlers Brandhorst, der in den 1950iger Jahren die Fischbestände des Nord-Ostsee-Kanals intensiv untersucht hat. Und seitdem hat sich unser Kenntnisstand diesbezüglich nicht wirklich verbessert. Trotz aller Bemühungen – der Aal ist und bleibt ein Fisch mit vielen Geheimnissen.