Mancher mag den Eindruck bekommen haben, dass wir uns vorrangig um die Meerforellen und Lachse kümmern. Doch natürlich hegen, pflegen und besetzen wir auch andere Fische im Land. Das sind zum Beispiel bedrohte Arten wie Elritze, Schlammpeitzger oder Bachneunauge. Nun sind mit Quappe und Schnäpel zwei weitere Arten hinzugekommen, um die wir uns selbst intensiv kümmern.

Die Quappe hat Probleme

Die Quappe ist ein mysteriöser Fisch der zwar in einigen unserer Gewässer vorkommt, aber ein Leben im Verborgenen führt. Die Fischerei auf Quappen praktizieren nur wenige Angler gezielt, die meisten Fänge sind Beifang beim Aalangeln. Dabei ist die Quappe ein sehr wohlschmeckender Fisch.

Eine Quappe schwimmt im sandigen, klaren Flachwasser herum.
So offen schwimmt die Quappe als Heimlichtuer nur selten herum – diese wurde gerade zurückgesetzt.

Wie bei vielen anspruchsvollen Arten, ist in den vergangenen Jahren auch der Bestand der Quappen in unseren Gewässern stark rückläufig. Der frühere Massenfisch hat mit dem Verbau der Gewässer zu kämpfen, zudem leidet er unter hohen Temperaturen und der Eutrophierung. Insbesondere bei der natürlichen Vermehrung scheint es immer wieder Schwierigkeiten zu geben. Daher ist die Quappe in vielen Gewässern, in denen sie historisch zum festen Arteninventar gehörte, beinahe verschwunden.

Drei Personen stehen in einem Boot und fischen mit E-Gerät eine Elb-Buhne ab.
Die Elterntiere für das Quappen-Nachzuchtprojekt kommen aus unserer Elbstrecke. Gefangen wurden sie vom Elbfischer Eckhard Panz.

Wichtige ökologische Funktionen

Dabei bringt die Quappe neben ihrem anglerischen Wert auch für unsere Gewässer viele Vorteile mit sich. Als raubender Fisch, der seine Nahrung bevorzugt in Bodennähe sucht, stellt die Quappe einen idealen Gegenspieler gegenüber invasiven Arten wie Grundel oder Kamberkrebs dar. Auch gegen die unkontrollierte Ausbreitung von Welsen in unseren Ökosystemen kann die Quappe überaus hilfreich sein. Bis zu einer Größe von 10 cm dienen junge Welse und Grundeln der Quappe als Nahrung und werden so auf natürliche Weise dezimiert.

Nachzucht in Alt-Mühlendorf

Um gegen den Rückgang der Quappen anzukämpfen, engagieren wir vom Landesangelverband uns aktiv für den Arterhalt dieser Fische. In unserer Fischbrutanstalt Alt-Mühlendorf werden Quappen in diesem Winter erfolgreich vermehrt, um im Frühjahr verschiedene Gewässer mit kleinen Quappen besetzen zu können.

Dabei stellt uns die Quappe vor viele Herausforderungen. Durch die stark dezimierten Bestände ist es nicht leicht, an Elterntiere aus regionalen Beständen zu kommen. Dank guter Zusammenarbeit mit unserem Elbfischer Eckhart Panz, der das Projekt gern unterstützt, ist es jedoch gelungen, 30 große Elterntiere zu bekommen. Da die Quappen so überhaupt nicht vor Kannibalismus zurückschrecken, müssen wir bei der Elterntierhaltung stets darauf achten, dass sie immer reichlich Nahrung zur Verfügung haben. Zudem werden sie nach Größen sortiert getrennt gehältert.

Eine Quappe von über 50 Zentimetern ist auf Händen liegend zu sehen.
Diese große, laichschwere Quappe wurde gerade in Alt-Mühlendorf angeliefert. Die Fische laichen selbstständig in den Hälterbecken ab.
Ein Zugerglas ist zu sehen, gut gefüllt mit Laich.
Der befruchtete Laich der Quappen wird in Zugergläser gefüllt. Die Eier sind winzig, hier sind mehrere zehntausend Eier im Glas.

Winzige Eier, massig Nachwuchs

Nach der erfolgreichen Vermehrung der Quappen ist der Umgang mit den winzigen Eiern eine echte Herausforderung. Um einmal ein Gefühl für die Größe zu bekommen: mehrere Tausend kleine Brütlinge passen auf einen Teelöffel. Daher muss bei der Erbrütung stark auf die Wassermenge geschaut werden, so dass uns die Eier nicht wegschwimmen.

Aktuell befinden sich in unserer Fischzucht fast 2.500.000 Quappeneier. Wir finden: das ist ein super Start in dieses neu aufgelegte Artenschutzprojekt!


LAV Schnäpelprojekt

Eine zweite wirklich interessante Art, die es in den Schleswig-Holsteins Gewässern schon immer gab und noch immer gibt, ist der Schnäpel. Nord- und Ostseeschnäpel sind sozusagen die Wanderformen der Maräne, die bei uns die klaren, tiefen Gewässer bewohnt und im Süden auch Renke genannt wird. Die Wissenschaft ist sich nie ganz sicher und selten einig, wo bei den Coregonen (die Gattung dieser Arten) eine Art aufhört und eine neue anfängt. Zumindest bei den Schnäpeln jedoch lässt sich äußerlich erkennen, dass sie etwas „anders sind“ – der Name kommt nicht von ungefähr.

Ein Schnäpel liegt im Kescher.
Ein typischer schleswig-holsteinischer Schnäpel, gefangen beim E-Fischen an der Treene. Charakteristisch ist die spitze Schnauze – ein Unterscheidungsmerkmal zur Maräne.

Der Schnäpel ist für Angler eine attraktive Fischart, doch er wird nur selten gefangen – und dann fast immer als Beifang. Im Nord-Ostsee-Kanal dürften die Chancen noch am besten stehen. Er lässt sich einfach mit Grundgeschirr und Wurm fangen, kämpft gut und ist einer der besten Speisefische, die wir haben. Doch ebenso wie die Quappe erfüllt auch der Schnäpel wichtige ökologische Funktionen. Von unserem Kanalfischer aus Rade wissen wir, dass größere Schnäpel auffallend viele Schwarzmundgrundeln im Magen haben. Insbesondere die jüngeren Grundeln scheinen für den Schnäpel eine sehr leichte Beute darzustellen – entsprechend gut genährt sind die Fische. Besonders abseits der Laichzeit ist der NOK-Schnäpel ein wahres Kraftpaket mit bulligem Körper und viel wohlschmeckendem Filet auf den Rippen.

Bestandsrückgang seit Jahren

Schnäpel kommen in unseren Gewässern mit Verbindung zur Küste eigentlich recht häufig vor. Die Flüsse hatten früher zum Teil riesige Bestände. Auch in der Schlei kamen jeden Herbst Tausende von Fischen zum Laichen. Auch im Nord-Ostsee-Kanal hat sich ein guter Bestand etabliert. Einige Bestände sind jedoch seit Jahren oder Jahrzehnten rückläufig. Die Gründe sind weder mal vielfältig – und nicht alle sind bekannt. Wanderhemmnisse spielen eine große Rolle, veränderte Wasserparameter (Temperaturen) können schädlich wirken und auch der beständig hohe Fraßdruck durch den Kormoran wird seinen Anteil am Bestandsrückgang haben. So ist der Bestand in der vom Kormoran besonders heimgesuchten Schlei zum Beispiel fast völlig zusammengebrochen.

Das Fischerboot von Brauers Aalkate legt in Rade ab.
Die Kanalfischerei in Rade half uns beim Fang der Elterntiere ….
Elternschnäpel werden auf dem Boot sortiert, im Hintergrund ist deine Netzhälteranlage zu sehen.
… die Fische wurden bis zur Laichreife in Netzgehegen von Brauers Aalkate gehältert.
Der Fischergeselle von Brauers Aalkate präsentiert einen großen, laichschweren Schnäpel vor bereits gefüllten Zugergläsern.
Fischergeselle Felix Kunde kümmert sich in Rade um Elternfische und die Brut.

Eigener Besatzfisch für den NOK

Vor allem im Nord-Ostsee-Kanal haben wir jedoch noch eine gute Population dieser Fische. Seit Jahren unterstützen wir die Fische dort mit Besatz – vor allem, weil wir aufgrund der schwankenden Salzgehalte nicht sicher sein können, dass die natürliche Reproduktion dort jedes Jahr glückt. Damit sich die Population dort hält und bestenfalls weiter anwächst, haben wir die Erbrütung nun in unsere eigenen Hände genommen. Bisher bekamen wir das Besatzmaterial vom Verband der Binnenfischer und Teichwirte, nun stellen wir auf eigene Produktion in direkter Kanalnähe um – das spart ein Hin- und Herfahren von Eltern- und Besatzfisch.

Ein Schnäpel-Weibchen wird abgestreift, der Rogen läuft locker aus dem Fisch.
Die Weibchen müssen bis zur optimalen Laichreife gehältert werden – dann läuft es richtig.
Ein junger Mann steht vor den Zugergläsern und hantiert mit einer sehr wissenschaftlich aussehenden Pipette. Er wirkt professionell.
Bjarne Hansen betreut im Rahmen seiner Masterarbeit die befruchteten Eier und forscht später an den Brütlingen.

Um genügend junge Schnäpel für den NOK produzieren zu können, betreiben wir an zwei Standorten die Erbrütung: in Rade, auf dem Gelände der Kanalfischerei Rade von Thomas Philipson und in unserer Anlage in Alt-Mühlendorf. Finanziert wird diese Arbeit durch die Hegegemeinschaft des NOK, unterstützt mit reichlich Ideenreichtum und Arbeitskraft durch die Fischerei Brauer. In der Zusammenarbeit mit dem Kanalfischer wurden dafür zunächst Elterntiere gefangen. Der Fangerfolg dabei lässt schon erkennen, dass der Bestand im Kanal nicht so schlecht sein kann. Anschließend wurden die reifen Fische abgestreift und die Eier in Zugergläsern aufgelegt. Wenn die kleinen Brütlinge schlüpfen, werden wir die meisten von ihnen an geeigneten Stellen aussetzen und hoffen, dass sie sich gut entwickeln. Parallel dazu werden einige Fische einen anderen Weg gehen: ein Student erforscht im Rahmen seiner Masterarbeit, welche Wege es gibt, um die kleinen Brütlinge bestmöglich im geschützten Raum der Fischzucht vorzustrecken. Das Ziel soll es sein, auf diese Weise zukünftig einen Teil der Brütlinge vorzustrecken, um den Fischen einen bestmöglichen Start in ihr Leben zu ermöglichen und sicherzustellen, dass sie stark genug sind, um in der freien Wildbahn zu überleben.

Ein dicker, gesund aussehender Schnäpel im Porträt. Er hat ein hübsches, silbriges Schuppenkleid.
Für solche schönen NOK-Schnäpel betreiben wir den ganzen Aufwand – in unseren Gewässern, an der Angel und in der Küche eine Bereicherung.

Wir werden euch von den weiteren Entwicklungen unserer Schnäpel- und Quappenprojekte auf dem Laufenden halten und hoffen, dass ihr in ein paar Jahren den einen oder anderen unserer Brutfische am Ende euerer Leine als ordentlichen Fisch wiederfindet. Denn auch diese Artenschutzprojekte zeigen wieder mal: Schützen und Nutzen gehen bei uns Anglern Hand in Hand!