Nachdem jüngst ein Fischsterben in der Eckernförder Bucht wieder mal Zeugnis vom schlechten Zustand der Ostsee durch den Klimawandel und zu hohe Nährstoffeinträge abgelegt hat, gibt es nur ein paar Kilometer entfernt eine kleine biologische Sensation zu vermelden.

Bei einer routinemäßigen Probebefischung von Kilian Lauff und Martin Purps von der oberen Fischereibehörde (Landesamt für Landwirtschaft und nachhaltige Landentwicklung, LLnL) in der Kronsbek an der südlichen Eckernförder Bucht sollte untersucht werden, ob sich Meerforellen in dem Gewässer vermehren können. Gelingt dies hier, ist es ein Beweis für erfolgreiche Renaturierungsmaßnahmen in der jüngeren Vergangenheit.

Die Kronsbek bei Eckernförde – So sollte ein (ost-)küstennahes Fließgewässer aussehen: Beschattung, flache, schnellströmende und tiefere Bereiche in Folge.

Über 100 Meerforellen und auch noch Lachse!

Tatsächlich fanden Kilian und Martin auf gerade mal 150 Metern befischter Strecke über 100 junge Meerforellen, die nur aus natürlicher Vermehrung stammen können. Dies wäre an sich schon ein Grund zum Jubeln, doch beim genaueren Hinschauen entdeckten die beiden Artenkenner, dass sich zehn ganz besondere Fische in ihrem Fang befanden: junge Atlantische Lachse.

Deutlich erkennbar ist die extrem lange Brustflosse des Junglachses.

Lachse wurden nach unserer und der Kenntnis des LLnL nie in diesem Gewässer besetzt – es muss sich also um Nachwuchs von mindestens zwei wilden Atlantischen Lachsen handeln, die in die kleine Kronsbek aufgestiegen sind. Lachse kommen bei uns selten vor, in Ostseezuflüssen noch seltener und in so kleinen Gewässern sind sie eine echte Rarität – zumal ohne einen vorherigen Besatz. Dass nun eine erfolgreiche, natürliche Vermehrung stattgefunden haben muss, ist etwas wirklich Besonderes und ein Lichtblick für alle Artenschützer, die auch einen Blick unter die Wasseroberfläche werfen.

Forelle oder Lachs? Die Spezialisten für diese Frage schauen bei der Befischung stets ganz genau hin.

Auf ein Wiedersehen

Nach dem Fang und Vermessen wurden die kleinen Lachse natürlich umgehend zurückgesetzt. Die Fische wurden mittels Elektrofischerei gefangen. Durch eine Spannungsfeld werden die Lachs, Forelle oder sonst wer für kurze Zeit bewegungsunfähig gemacht und können mit dem Kescher eingesammelt werden. Binnen Sekunden erholen sie sich, es bleiben keine Schädigungen zurück und schon kurze Zeit nach dem Zurücksetzen normalisiert sich das Verhalten der Fische wieder.

Ein bereits etwas größerer Junglachs aus einem Vorjahr.

Somit ist sichergestellt, dass die jungen Lachse die besten Chancen haben, bald in die Ostsee abzuwandern und in zwei oder vielleicht auch erst in vier oder fünf Jahren in ihre Kronsbek zurückzukehren- gern einen Meter lang, über zehn Kilogramm schwer und mit einem Bauch voller Eier oder Milch.

Ein typisches Laichbett von Meerforellen oder Lachsen an der Kronsbek. Das lockere, grobe Kiessubtrat ohne Sandablagerungen ist ausschlaggebend.

Das sagt Martin Purps von der Oberen Fischereibehörde zu dem besonderen Fang:

„Bei einer Probebefischung, die wir von der Oberen Fischereibehörde gemeinsam mit dem Landesangelverband durchgeführt haben, um die natürliche Reproduktion der Meerforellen zu überprüfen, sind 10 kleine Lachse gefangen worden.
Bei dem Gewässer handelt es sich um einen kleinen Zulauf der Eckernförder Bucht, welcher nicht mit Brut besetzt wird. Gut gelungene Renaturierungen haben in den vergangenen Jahren dafür gesorgt, dass sich hier die Fische prima selber vermehren können. Nachdem wir letztes Jahr einen ersten Lachs finden konnten, waren es heute gleich 10 Stück und weit über 100 Meerforellen auf lediglich 150 Metern.

Die Kronsbek zeigt auch in der renaturierten Strecke seit mehreren Jahren ein sehr gutes Ergebnis bei der natürlichen Reproduktion von Forellen, die hier im Zuge des Monitorings der Erfolgskontrollen untersucht werden. Jedes Jahr wieder überrascht uns aber das Auftreten von juvenilen Lachsen, denn Lachslaichhabitate liegen eher in der Äschenregion im Binnenland und nicht in der Oberen Forellenregion, nah an der Ostseeküste. Die Eigenreproduktion, ohne Besatz, zeigt aber auch, dass bei geeigneter Gewässermorphologie und gesundem Laichsubstrat diesen Großsalmoniden auch in Forellenbächen in Schleswig-Holstein ein Vollenden ihres Lebenszyklus möglich ist. Das ist für mich sowohl beruflich als auch persönlich eine tolle Entdeckung.“

Kilian und Martin bei einer Befischung zur Erfolgskontrolle an einem anderen Gewässer (Lippingau, Flensburger Förde). Diese Befischungen sind wichtig, um Bestandstrends und Effektivität von Besatzmaßnahmen abschätzen zu können.

Das sagt Kilian Lauff zu dem besonderen Fang:

„In der Kronsbek habe ich jetzt zum dritten Mal mit Martin im Rahmen der Erfolgskontrolle gefischt. An der Stelle, an der der Gettorfer Weg über die Au führt, wurde offensichtlich vor drei bis vier Jahren das Gewässer großzügig und qualifiziert überarbeitet. Bei unserem ersten Besuch dort waren die Arbeiten gerade fertiggestellt. Das Gewässer wurde in seinem alten Flusslauf „neu gelegt“. Im neuen Bachbett ist jetzt überall viel Kies und diesen haben die Forellen sofort gut angenommen. Letztes Jahr habe ich an dieser Stelle einen ersten Lachs mit 15 cm gefangen, der schon eine super Sensation war, da das Gewässer offiziell keinen Lachsnachweis hatte. Und dieses Jahr haben wir auf der gleichen Strecke zehn Lachse zwischen sechs und neun Zentimeter gefangen.

Da Martin alle Laichgewässer im Land kartiert, war er Ende Dezember vor Ort und hatte einen großen Fisch vom Ufer aus gesehen, von dem er vermutet hatte, dass es ein Lachs war. Scheinbar lag er da vollkommen richtig.

Die Kronsbek wurde bis jetzt immer nur mit Meerforellensmolts (etwa 15 Zentimeter lange Forellen) besetzt. Alle kleinen Fische müssen somit aus Eigenreproduktion kommen. Und das ist einiges. Wir fangen jedes Jahr auf 100 Metern weit über 100 Forellen. Auch die geschützten Elritzen reproduzieren dort selbstständig und kleine Aale wandern ebenfalls dort hinauf. Das ist wirklich ein wunderbares Gewässer. Und laut Martin ist der Bereich oberhalb unserer befischten Strecke im Wald sogar noch besser.“