Vor kurzem trafen sich auf Einladung von LAV und DAFV im Zeichen der Meerforelle viele am Arten- und Gewässerschutz Beteiligte in Nortorf. Die wichtigsten Themen waren die Fischbrutanstalt Alt-Mühlendorf, die bevorstehende Laichfischfangsaison, die Fischzählanlagen an Trave und Treene sowie ein Fachvortrag von Dr. Jens Salva (DAFV) zur praxiserprobten Fließgewässerrenaturierung.

Alt-Mühlendorf

Seit Mitte dieses Jahres sind wir, der LAV, Pächter und Betreiber der Fischbrutanstalt Alt-Mühlendorf. Damit haben wir nun alle Zügel in Sachen Vermehrung von Meerforelle und Lachs im Land in unserer Hand. Das ist auch gut so, denn es sind fast überall unsere Vereine, welche die Meerforellen-Heimatgewässer bewirtschaften und die großartige Arbeit im Sinne der Fische mit viel ehrenamtlichen Engagement erledigen.

Die Vertreter des LSFV und des Verbandes der Teichwirte und Binnenfischer stehen vor einem Nebengebäude und einem Teich in der Fischbrutanstalt Alt-Mühlendorf.
LAV und der Verband der Binnenfischer in Person von Peter Heldt, Sabine Schwarten, Kilian Lauff, Rüdiger Neukamm und Peter Liebe bei der Übergabe der Fischbrutanstalt Alt-Mühlendorf.

Natürlich gibt es im Falle einer solchen Übernahme einiges zu bedenken, finanzielle Hürden zu nehmen und ein tragfähiges Konzept für die Zukunft aufzustellen. Die Pläne hierfür stellte unser Präsident Peter Heldt vor. Ebenso skizzierte er die möglichen Unwägbarkeiten und Probleme, die mit dem Betreib von Alt-Mühlendorf einhergehen oder in Zukunft auftreten könnten. Peter stellte klar, dass die Pacht der Anlage nur eine vorübergehende Lösung sein kann – in naher Zukunft soll ein möglicher Erwerb geprüft werden. Kilian Lauff als verantwortlicher Mitarbeiter in Alt-Mühlendorf ist für uns ebenso gesetzt wie die Fortführung der Arbeit für Lachs, Meerforelle und Schnäpel. Außerdem ergibt sich durch Kilians Expertise die Möglichkeit, weitere Fischarten in ihrem Bestand zu unterstützen.

Die Laichfischfangsaison 2023

Mit dem nächsten Tagesordnungspunkt schwor dann auch Kilian Lauff die Anwesenden auf die bevorstehende Laichfischfangsaison ein. Er erzählte von den Fängen, Erbrütungen und Besatzzahlen sowie Erfahrungen der letzten Jahre, stellte Gutes heraus, erwähnte aber auch, wo noch „Luft nach oben“ sei. Besonders in der Abstimmung mit den Vereinen / Fischereirechtsinhabern gibt es laut Kilian hier und da noch Verbesserungsbedarf.

Drei Meerforellen in einer Wanne.
Für Kilian Lauff hat die Laichfischfangsaison bereits begonnen. Diese drei strammen Fische stammen aus der Trave.

Zukünftig wird es wichtiger denn je sein, dass Vereine helfende Hände für Befischungen organisieren. Auch wird es kaum möglich sein, dass Kilian sämtliche Befischungen selbst durchführt. Vereine mit eigenem Gerät und E-Fischern wurden dazu aufgefordert, den Laichfischfang wieder vermehrt in eigene Hände zu nehmen. Bei der Planung und Umsetzung ist der LAV mit Kilian natürlich gern unterstützend tätig. Wir hoffen für diese und die nächste Saison auf viele aktive Vereine und ein volles Bruthaus!

Fischzählanlagen an Trave und Treene

Eine besonders spannendes Thema stellte anschließend Martin Purps aus dem Landesamt für Landwirtschaft und nachhaltige Landentwicklung (LLnL) vor. Martin, der als ehemaliger LSFV-Biologe vielen Zuhörern noch bestens bekannt ist, präsentierte Ergebnisse der videotechnischen Fischzählanlagen an Treene und Trave. Zunächst erläuterte er den Zweck der Fischzählung: Trave und Treene sollen Indexwerte des Meerforellenaufstiegs für Nord- und Ostseezuflüsse liefern. Diese Werte sind ein Baustein von vielen in der Erfolgskontrolle des Fischartenhilfsprogramms „Fischhorizonte“.

Die Fischzählanlage an der Trave und Treene bestehen aus vielen einzelnen Kameras.

Fischhorizonte wird aus der Fischereiabgabe bezahlt – und es finanziert ganz direkt unsere Meerforellenprojekte im Land (sowie Projekte für andere Fischarten). Es natürlich sinnvoll, dass eine Überprüfung stattfindet, ob die eingesetzten Mittel dem Meerforellenbestand im Land auch tatsächlich helfen – oder die durch viel Arbeit erbrüteten und ausgesetzten Jungforellen allesamt verschwinden und der Bestand sich überwiegend aus natürlicher Vermehrung rekrutiert.

Martin Purps und Kilian Lauff bei einer Befischung an einem Meerforellen-Besatzgewässer. Diese Untersuchungen helfen dabei, abzuschätzen, ob der Besatz effizient ist.

Bei dieser Überprüfung helfen die Fischzählanlagen. Daneben werden Ergebnisse aus Befischungen, Besatz- und Fangmeldungen, Markierungsversuche, Laichplatzkartierung, Lebensraumqualität und weitere Daten in die Erfolgskontrolle einbezogen. Einige dieser Erkenntnisse präsentierte Martin im Rahmen seines Vortrages. Die relativ neuen Fischzählanlagen erläuterte er im Detail. Sowohl bauliche als auch technische Details dieser Anlagen sind äußerst interessant: zahlreiche, gut geschützte Kameras, die am Gewässergrund befestigt werden, zeichnen die Fischbewegungen auf. Die komplexe Umsetzung der Installation der Anlagen und die Verarbeitung der Daten erfolgte durch durch die Firma FIUM GmbH & Co. KG aus Rostock. Durch künstliche Intelligenz, die vom Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung aus Rostock erstellt wurde, erkennt die Software einer Fischzählanlage zielsicher Fische in den gespeicherten Aufnahmen. Meerforellen werden zuverlässig identifiziert, 24 Stunden am Tag und ohne hohen personellen Aufwand.

Eindeutig fällt der Zug der Meerforellen mit steigenden Wasserständen bei niedrigen Temperaturen zusammen.

Die Ergebnisse der Fischzählanlagen zeigen interessante Muster und bestätigen einige Anglerweisheiten. So ziehen Forellen vor allem in der Dämmerung und bei Dunkelheit, nach Pegelanstiegen und bei niedrigeren Temperaturen im Gewässer.

Der Videobeweis: In der Dämmerung und Dunkelheit sind die Forellen im Gewässer unterwegs.

Martin schloss seinen Vortrag mit einer Einordnung der Ergebnisse der Videozählung und einem Ausblick für unsere Forelle. Der im letzten Jahr überall zu beobachtende Rückgang der Aufsteiger wurde auch durch die Anlagen an Treene und Trave bestätigt. Insgesamt erkannte die KI 194 Aufsteiger. Zur Einordnung: in anderen Bundesländern (Elbe-Zuflüsse) registrierten Fischzählanlagen zusammengenommen nur etwa 100 Salmoniden. Die Trockenheit scheint ein besonders großes Problem für unsere Gewässer und die Forelle zu sein. Viele Laichgewässer lagen im Herbst 2022 fast trocken. Die Lösung für die Zukunft der Forelle muss eine Optimierung der Besatzstrategie sein – Besatzpunkte sollten mögliche Trockenphasen berücksichtigen. Nach wie vor müssen die Qualität und der Schutz der Laichgewässer verbessert werden. Dafür sollten zukünftig mehr Förderung und Unterstützung bereitgestellt werden. Positiv: schon heute schient die natürliche Vermehrung bedeutender zu sein als zunächst angenommen wurde. Hier kann angesetzt und unterstützt werden.

Praxisnahe Fließgewässerrenaturierung

Jens Salvas Vortrag zeigte, wie verhältnismäßig einfach in Weser-Ems Renaturierungen an Fließgewässern möglich sein können.

Die schon gelungene Veranstaltung rundete anschließend Jens Salva vom DAFV und Landesfischereiverband Weser-Ems ab. In seinem unterhaltsam vorgetragenen Beitrag drehte sich alles um die Verbesserung von Gewässerstrukturen. Das Hauptaugenmerk lag dabei auf ganz praktischen Tipps zur Umsetzung solcher Vorhaben.

Von kleineren In-stream-Renaturierungen …

Jens skizzierte zunächst die vielfältigen Probleme unserer Fließgewässer und das Verfehlen der Ziele der Wasserrahmenrichtlinie. Der technische Ausbau von Gewässern in der Vergangenheit verursachte eine enorme Strukturverarmung, der ein Verlust vieler ökologischer Funktionen folgte. Ein naturnaher Rückbau erfordert nicht nur ökologisches sowie wasserbauliches Fachwissen, sondern auch Wissen im Bereich der Planung, Finanzierung und in rechtlichen Belangen. Durch unzählige bereits durchgeführte Projekte verfügt Jens über einen großen Wissensschatz in allen Bereichen.

… über Arbeitseinsätze mit Schaufel und Schubkarre zum Bau von Kiesbänken …

In aller Kürze nannte er die möglichen Beteiligten an Vorhaben, sprach die offensichtlich einfach aufzustellende Finanzierung von Strukturmaßnahmen an und besprach kurz die typischen Schritte eines Renaturierungsprojektes.

… und kompletten Neu-Strukturierungen von Bachläufen mit schwerem Gerät …

Großes Interesse weckten die zahlreichen praxisnahen Einblicke in Projekte. Viele der schleswig-holsteinischen Gewässer haben ähnliche Probleme wie die von Jens geschilderten. Das Vorgehen des Weser-Ems Verbandes, bei dem Jens seit vielen Jahren die Umsetzung der Renaturierungen in der Hand hat, ist fokussiert und erprobt. Dennoch bringen die einzelnen Maßnahmen stets Besonderheiten mit sich, auf die Jens in einzelnen Fallbeispielen deutlich hinwies.

… bis hin zu umfangreichen Großprojekten bei der Umlegung von Flussläufen oder Sohlgleiten.

Die Praxisnähe des Beitrages brachte es mit sich, dass viele der Zuhörer mit reichlich Ideen und neuen Ansätzen für eigene Projekte an ihren Gewässern nach Hause fuhren. Insbesondere die zuvor von Martin Purps geschilderte Dringlichkeit, natürliche Laichhabitate zu bewahren oder wiederherzustellen, legte nahe, dass hier in Zukunft noch wichtige Arbeit zu tun ist – alles im Sinne unserer Meerforelle!