Liebe Anglerinnen und Angler,
liebe Freunde unseres Verbandes,
zum Jahreswechsel möchte ich noch ein paar Worte an Euch richten.
Es war ein gutes Jahr für unseren LAV – trotzdem blicke ich mit gemischten Gefühlen zurück. Angesichts der chaotischen Weltlage denkt man unweigerlich darüber nach, wie sich die Situation direkt vor der eigenen Haustür darstellt. Natürlich betrachte ich als LAV-Präsident unser Schleswig-Holstein auch aus der Perspektive eines Anglers. Wenn ich an einem sonnigen Morgen meine Haustür öffne, sehe ich ein wunderschönes Land mit großartigen Gewässern und teilweise guten Fischbeständen. Ich sehe viele ehrenamtliche Anglerinnen und Angler in den Vereinen und Verbänden, die unermüdlich daran arbeiten, diese Situation zu bewahren und zu verbessern. Und ich sehe unsere hauptamtlichen Fachkräfte im LAV, die dieses Engagement unterstützen, bündeln und in die richtige Richtung lenken.
Doch bei einem genaueren Blick fallen auch die dunklen Wolken am Horizont auf. Es gibt große Probleme für einige Fischarten und unsere Gewässer. Die Berufsfischerei kämpft ums Überleben, und auch wir Angler sehen uns immer mehr Einschränkungen und Auflagen gegenüber.
Dabei gehören Angeln und Fischen zu den ältesten Tätigkeiten der Menschheit. Schleswig-Holstein ist „Fischland“ – das steckt in unserer DNA. Soll das verschwinden? Und warum? Mancher Angelgegner möchte einfach nicht, dass Fische gefangen werden – aus welchen Gründen auch immer. In diesen Fällen müssen wir wohl damit leben, dass wir unsere Gegner nicht überzeugen können. Einige unserer Kritiker behaupten, dass wir die letzten Fische aus den Gewässern ziehen, dass uns die Natur nicht schert. Wir selbst wissen, dass dies nicht stimmt. Angler sind nicht für ökologische Desaster oder die Gefährdung von Arten verantwortlich. Natürlich gab es Überfischung, etwa in der Ostsee, und ja, auch wir Angler haben dort reichliche Fische gefangen. Selbstgerechtigkeit und das Fingerzeigen auf andere bringen uns nicht weiter. Aber auch andere Gruppen sollten ihre Handlungen und Haltungen kritisch hinterfragen – alte, verkürzte Feindbilder überdenken.
Natürlich müssen auch wir Angler aus den Fehlern der Vergangenheit lernen, bereit sein, unser Handeln zu überdenken und gegebenenfalls zu ändern. Es steht uns sehr gut zu Gesicht, uns immer wieder zu fragen, wie wir uns positiv für unsere Gewässer und die Artenvielfalt einsetzen können. Ich bin überzeugt: Wir in Schleswig-Holstein tun das bereits und versuchen, uns stetig zu verbessern. Mit den Beiträgen an den Verband und der Fischereiabgabe leisten unsere Mitglieder einen großen Beitrag zu wichtigen Projekten – und das nicht nur finanziell, sondern auch durch ihren ehrenamtlichen Einsatz vor Ort. Ein Beispiel ist die Fischbrutanstalt Altmühlendorf, die unser LAV seit 2023 bewirtschaftet. Dort arbeiten wir gemeinsam mit den Ehrenamtlichen in den Vereinen daran, die Bestände der Wandersalmoniden und ihre Lebensräume zu verbessern. Gleiches machen wir an anderen Orten im Land schon seit Jahrzehnten. Diese Aktionen wurden immer aus Mitteln der Fischereiabgabe S-H gefördert. Wir tun da schon sehr viel, aber wir könnten noch viel mehr erreichen. Allerdings ist unsere Arbeit aufwendig und teuer. Nur mit den Verbandsmitteln der organisierten Angler können wir das dauerhaft nicht alles stemmen. Von unserer Arbeit profitieren auch die reinen Küstenangler und die Angelgäste. Aus Mitteln der Fischereiabgabe S-H haben wir derzeit keine zusätzliche Unterstützung zu erwarten. Laufende Projekte werden noch finanziert, aber darüber hinaus geht im Moment nicht viel. Die Anzahl der Angelgäste, die die Abgabe entrichten, ist kleiner geworden, und seit nunmehr 23 Jahren ist die Höhe der Fischereiabgabe nicht mehr angepasst worden.
Wir müssen also nach anderen und neuen Wegen suchen, um die teuren Arbeiten rund um die Wandersalmoniden weiter nach vorne zu entwickeln. Die Aufgaben werden nicht weniger oder kleiner. Wir alle wollen intakte Gewässer und gute Fischbestände. Der LAV mit seinen Vereinen arbeitet daran!
Doch für gute und artenreiche Gewässer müssen alle Teile der Gesellschaft ihren Beitrag leisten und die Augen öffnen! Ein Beispiel: Prädatoren wie der Kormoran und der Fischotter verursachen zunehmend Probleme unter Wasser. So gern wir diese Tiere sehen – ihre Bestände müssen gegebenenfalls reguliert werden, vor allem, wenn wirklich bedrohte Arten darunter leiden. Ein wissenschaftlich fundiertes Prädatoren-Management ist längst überfällig. Schadensausgleichszahlungen an die Berufsfischer lösen das eigentliche Problem nicht. Beunruhigend sind auch Gewässerverunreinigungen, die immer häufiger auftreten. Unser Fischereiberater beschäftigt sich ständig damit.
In einigen Bächen des Landes leiden Fische unter Hautverpilzungen, wie wir verstärkt beim Laichfischfang bemerkt haben. Erste Untersuchungen deuten darauf hin, dass Medikamentenrückstände im Wasser eine Ursache sein könnten. Unsere Klärwerke sind nicht darauf ausgelegt, solche Stoffe auszufiltern. Hier zeigt sich, dass es sich um ein gesamtgesellschaftliches Problem handelt, das nicht allein von der Fischerei gelöst werden kann.
Ich möchte diesen Brief aber mit positiven Nachrichten beenden: In unseren LAV-Bruthäusern in Aukrug und Altmühlendorf entwickeln sich derzeit viele Meerforelleneier prächtig. In Altmühlendorf versuchen wir uns zudem erfolgreich an der Vermehrung der Quappe. In Zusammenarbeit mit der Kanalfischerei in Rade arbeiten wir zudem an einem Besatzprojekt für den Schnäpel – ebenfalls mit Erfolg! Das Schlammpeitzger-Projekt in Langwedel haben wir 2024 weiter aus Eigenmitteln fortgesetzt. Erfreulich ist, dass sich in der Haalerau ein stabiler Bestand der Schlammpeitzger etabliert hat.
Auch in diesem Jahr haben wir neben den Früchten der Schnäpel-, Forellen- und Quappenvermehrung auch umfangreichen Besatz mit Aal, Zander und Karpfen in unsere Gewässer gebracht. Am Nord-Ostsee-Kanal (NOK) erlebten unsere Angler ein außergewöhnlich gutes Zanderjahr. Und an unserem neuen Pachtgewässer, dem Prüßsee, wurden beeindruckende Fänge von Karpfen und Welsen gemeldet. Die ersten LAV-Leihboote liegen dort jetzt am neuen Steg.
Im Bereich Digitalisierung haben wir ebenfalls Fortschritte gemacht. Mittlerweile nutzen 26.000 Angler in unserem Verband den digitalen Mitgliedsausweis des DAFV. Alle unsere Gewässer sind in der kostenfreien Angel-in-App verfügbar. Somit sind Reviergrenzen, Sonderbestimmungen und sämtliche Regeln auch beim Angeln in Form einer intuitiv nutzbaren Gewässerkarte einfach nachvollziehbar. Die Zusammenarbeit mit unserem Bundesverband DAFV läuft sehr gut. Wir werden in vielen Belangen unterstützt und können hier und da unsere Hilfe einbringen.
Auch wenn wir uns ab und zu kritisch miteinander auseinandersetzen – die Zusammenarbeit mit dem für uns zuständigen Landwirtschaftsministerium und den Fischereibehörden ist ebenfalls gut und konstruktiv.
Die Jugendabteilung des LAV hat in diesem Jahr wieder einige sehr gut besuchte Veranstaltungen und Exkursionen durchgeführt, u. a. mal wieder die inzwischen legendäre Westenseefreizeit. Auch die erste, größere Dänemark-Tour war ein voller Erfolg – frühzeitig ausgebuchte Jugend-Termine für 2025 sind ein deutliches Zeichen.
Es gäbe dennoch viel weiteres Positives zu berichten! Die dunklen Wolken, die zwischenzeitlich bei meinem Blick aus der LAV-Tür aufzogen, verziehen sich – hoffentlich dauerhaft. Ich wünsche mir, dass Schleswig-Holstein Fischland bleibt. Warum sollen wir das kostbare und gesunde Lebensmittel Fisch aus Asien oder dem Eismeer holen? Warum sollen wir Lachs aus Massentierhaltung essen? Wir machen uns damit nur unnötig abhängig von einer kranken Industrie. Unsere Fische können und sollten wir selbst fangen. Wenn wir es richtig anfangen, ist das absolut nachhaltig. Mehr Öko geht nicht!
Ich danke allen, die uns 2024 unterstützt haben, und wünsche Euch und Euren Familien ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr!
Herzliche Grüße
Peter Heldt